Dachau

Das Konzentrationslager Dachau, als erstes „offizielles“ Lager der Nazis im März 1933 nahe der kleinen Stadt Dachau vor den Toren Münchens eröffnet, wurde am 29. April 1945 durch Einheiten der US-Army befreit. „Dachau“ steht von Beginn der NS-Herrschaft an als Synonym für NS-Willkür und -Terror, für Unterdrückung und Mord.

Zuerst als Internierungs- und Verfolgungsort für politische Gegner des Naziregimes errichtet, anfangs vor allem aus den Organisationen der Arbeiterbewegung, wurde das Lager rasch zu einer Gefangenschafts- und Leidensstätte für Zehntausende von Menschen, die vom Naziregime wegen ihrer Herkunft, ihrer Weltanschauung, ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung, wegen geistiger und körperlicher Behinderungen oder aus anderen Beweggründen als „volksschädlich“ und „lebensunwert“ gebrandmarkt wurden.

Das KZ Dachau wurde „Musterlager“ für die künftigen Verfolgungsstätten in Deutschland und ganz Europa. Es wurde „Schule der Gewalt“, ein Ort, an dem der Massenmord eingeübt wurde, mit dem sich deutsche „Herrenmenschen“ die Welt untertan machen wollten. Von Dachau aus führt der Weg nach Auschwitz, Majdanek und Bergen-Belsen, zum Holocaust und zum Vernichtungskrieg im Osten. Und in Dachau kamen die „Nacht-und-Nebel“-Transporte aus Frankreich und anderen von den Nazis eroberten Ländern an und die Todeszüge mit Menschen, für die in einem Netz von Außenlagern und -kommandos die „Vernichtung durch Arbeit“ vorgesehen war.

Über 206.000 Gefangene sind in den Jahren von 1933 bis 1945 von der KZ-Bürokratie aufgelistet worden, knapp 32.000 Todesfälle wurden auf Standesämtern beurkundet. Die Zahlen der tatsächlich im KZ Dachau und seinen Außenlagern Internierten und dort Ermordeten oder durch Hunger, Krankheiten und andere Umstände ums Leben Gekommenen war wesentlich höher. So wurden etwa die über 4.000 am SS-Schießplatz Hebertshausen ermordeten sowjetischen Kriegsgefangenen in den KZ-Listen nicht erfasst, knapp 2.000 „arbeitsunfähige“ Juden, die 1944 von Dachau nach Auschwitz ins Gas geschickt wurden, die Opfer von „Invalidentransporten“ nach Majdanek und Bergen-Belsen und kurz vor der Befreiung die Toten und Ermordeten bei den Evakuierungstransporten und -märschen. Auch nicht die mehr als 2000 Gefangenen, die kurz nach der Befreiung noch Opfer von Unterernährung und einer Typhusepidemie wurden.

Die letzten Monate und Wochen vor der Befreiung waren im Konzentrationslager Dachau geprägt von Überbelegung und Massensterben durch Krankheiten und Seuchen, von Evakuierungen und „Todesmärschen“. Zunächst innerhalb einzelner Nationalitäten, schnell aber auch übergreifend, schlossen sich Häftlinge zusammen, um die drohenden Mordaktionen auf den Evakuierungstransporten und im Lager selbst zu verhindern. Es bildete sich so noch vor der Befreiung der Kern eines künftigen internationalen Komitees der Dachau-Gefangenen.

Häftlinge aus diesem Umfeld, denen die Flucht aus Außenkommandos gelungen war, konnten Kontakt mit Offizieren der vorrückenden US-Army aufnehmen und diese von der Notwendigkeit einer raschen Befreiung des Lagers überzeugen. Am Morgen des 28. April 1945 brach zudem in der Stadt Dachau ein bewaffneter Aufstand aus, an dem sich neben ehemaligen KZ-Häftlingen auch – motiviert durch Rundfunkappelle der Widerstandsgruppe „Freiheitsaktion Bayern“ – eine Kompanie des Volkssturms beteiligte. Kurzfristig konnten die Aufständischen das Rathaus besetzen. Die Übermacht der SS führte jedoch zur blutigen Niederschlagung des Aufstands binnen weniger Stunden. Zu den Aufständischen, die im Kampf fielen oder anschließend von der SS ermordet wurden, gehörten auch zwei ehemalige Spanienkämpfer aus Österreich, die im KZ Dachau interniert worden waren.

20 Jahre sollte es nach der Befreiung dauern, bis endlich damit begonnen wurde, auf dem Gelände des Konzentrationslagers Dachau eine würdige, historisch informative Gedenkstätte entstehen zu lassen. Lange Zeit schien es so, als wollten zuständige Behörden und politische Gremien die Relikte dieses Lagers verschwinden lassen – aus der Landschaft und aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit. Es ist der Beharrlichkeit der ehemaligen Häftlinge aus aller Welt und ihrer Organisationen, deren zunehmenden Protesten und Interventionen zu danken, dass diese Pläne schließlich doch nicht realisiert werden konnten.