Am 20.11.1945 begann in Nürnberg der Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher. Auf der Anklagebank saßen 21 ehemals führende Mitglieder des NS-Regimes. Außerdem wurde gegen sechs Gruppen und Organisationen – SS, SA, Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht, das Reichskabinett, das Führerkorps der NSDAP und Gestapo und SD – Anklage erhoben.
Zusammensetzung, Zuständigkeit und Verfahren des Gerichts hatten die vier alliierten Siegermächte, USA, Frankreich, Großbritannien und die Sowjetunion gemeinsam im Londoner Abkommen vom August 1945 beschlossen.
Die in Nürnberg angeklagten Hauptkriegsverbrecher mussten sich in vier Punkten verantworten:
1. Verschwörung gegen den Weltfrieden, 2. Planung, Entfesselung und Durchführung eines Angriffskrieges, 3. Verbrechen und Verstöße gegen das Kriegsrecht, 4. Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Für Robert Jackson, Chef der Anklagebehörde, bestand der Kern der Anklage darin, dass Verbrechen gegen den Frieden zum anerkannten Bestandteil des Völkerrechts erklärt wurden.
Nach dem Verlesen der Anklageschrift wurden die Angeklagten befragt: Alle anwesenden Angeklagten erklärten sich für nicht schuldig.
Im Verlauf des Prozesses legte die Anklage 2360 Beweisdokumente vor, die Verteidigung 2700. Das Gericht hörte 240 Zeugen – von Anklage und Verteidigung – und prüfte 300 000 eidesstattliche Erklärungen. Der Prozess wurde in vier Sprachen geführt: englisch, französisch, russisch und deutsch. Das Sitzungsprotokoll umfasst 16.000 Seiten.
Protokoll und Beweismaterial sind veröffentlicht, u.a. in :
Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Nürnberg 1947, Protokolle, Nachdruck Reichenbachverlag Stuttgart 1994
Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof, Urkunden und anderes Beweismaterial, Nürnberg 1947, Nachdruck Delphin Verlag München 1989
Den Hauptteil des Urteils, das am 30. September und am 01. Oktober 1946 verkündet wurde, nimmt Punkt 1 und Punkt 2 der Anklage ein: Verschwörung zur Planung und Führung von Angriffskriegen. Gestützt auf erbeutete deutsche diplomatische und militärische Dokumente kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass einige der Angeklagten Angriffskriege gegen 12 Nationen geplant hatten und durchführten und daher dieses Verbrechens schuldig zu erachten seien.
Das Beweismaterial zu Teil 3 und 4 der Anklage – Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – nannten die Richter überwältigend in seinen Ausmaßen und in seinen Einzelheiten.
Zwölf Angeklagte wurden zum Tod durch den Strang verurteilt: Hermann Göring, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel, Ernst Kaltenbrunner, Alfred Rosenberg, Hans Frank, Wilhelm Frick, Julius Streicher, Fritz Sauckel, Alfred Jodl , Arthur Seyß-Inquart und Martin Bormann (letzterer in Abwesenheit)
Rudolf Hess, Walter Funk , Erich Raeder wurden zu lebenslänglichem Gefängnis, Baldur von Schirach und Albert Speer zu 20 Jahren, Constantin Freiherr von Neurath zu 15 und Karl Dönitz zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt.
Hans Fritzsche, Franz von Papen und Hjalmar Schacht wurden freigesprochen.
Von den angeklagten Organisationen erklärte das Gericht SS, SD und Gestapo und das Führerkorps der NSDAP als verbrecherische Organisationen für diejenigen, die nach dem 1. September 1939 – Kriegsbeginn – Mitglieder geworden waren oder blieben. SA, Reichskabinett, Generalstab und Oberkommando der Wehrmacht erklärte das Gericht nicht zu verbrecherischen Organisationen.